Harry Höll wechselt die Seiten. Der Wirt des Prielschutzhauses verlässt nach zehn Jahren den sonnigen Süden und wird im Norden des Warschenecks sesshaft.
Gabriel Egger über einen Transfer mit hoher Ablösesumme.
Es war der denkbar schlechteste Start in ein Interview. Zu dritt in der hölzernen Küche mit dem Schnitzelgeruch, niemand kennt den anderen- das Bierglas ist noch zu voll, um darüber hinwegzutäuschen- und dann diese Antwort auf die erste Frage. Der Faden war schon weg, als er sich gerade verlieren wollte.
"Warum willst du das wissen?"
Es war ein trüber Maitag, an dem wir zum ersten Mal am legendären Ecktisch im Prielschutzhaus Platz nehmen durften, um keine Antwort auf unsere erste Frage zu bekommen. Draußen tänzelten dicke Wolken wie Ballerinas um die Spitzmauer, um sich später müde über ihren Gipfel zu legen. Der schmelzende Schnee zeigte seine langen Zungen, ließ sie weit herabhängen. Kein Tag für weite Wanderungen. Die Wintersaison war schlecht gelaufen, das weiße Gold blieb aus, nur die Stammgäste nicht.
Adieu! Hüttenwirt Harry Höll zieht am Prielschutzhaus den Hut |
Harry Höll nahm es gelassen. 16 Jahre als Bergführer lehrten ihm Geduld. "Einen Fotz ziehen hilft ja ned", würde er jetzt sagen. Er blieb auch ruhig, als ein Gast in seinem ersten Sommer auf der Hütte die Barschlägerei in 1.420 Meter Seehöhe etablieren wollte.
Der langjährige Chef des Prielschutzhauses ist eigentlich kein Stoderer, obwohl er neben Spitzmauer und Großem Priel längst zur Prominenz des Stodertals gehört. Er wuchs am Fuße des Dachsteins auf, ein waschechter Obertrauner, einer der sich nicht durch ein bisserl Wind in die Knie zwingen lässt und den Weg zur Simonyhütte besser kennt, als den in die Schule.
Die Kinder und das Eis
Und dieser Lebensweg führte auch weiterhin nach oben. Auf den Dachstein, mehrmals, bei jeder Witterung. Der Hausberg eben. Aconcagua. "Da hat mir der Wind plötzlich einen Gast durch die Luft gewirbelt". Mount McKinley. "Scheiß dich an, war's da kalt". Eiger-Nordwand. "Die hat uns des blöde Wetter versaut".
Großer Priel. "Da bin ich zHaus".
Dann tauschte Harry den Rucksack, aus dem er als Bergführer lebte, gegen ein Haus in Vorderstoder und wurde 2007 als neuer Hüttenwirt des Prielschutzhauses vorgestellt. Ohne Erfahrung in der Gastronomie. Doch Harry machte sich schnell einen Namen. Als Kletterer, als Wirt, als Techniker, als Stütze, als Fels in der Brandung. Und er schlug Wurzeln.
"D'Sunnseitn am Prü" |
Es war auch die Hüttenterrasse des Prielschutzhauses, die Harry zu seiner Roswitha führte. Mittlerweile hat das Ehepaar Höll zwei wunderbare Kinder. Bergprinzessin Viktoria, vier Jahre alt, hat dem Papa vergangenes Jahr schon einen großen Wunsch offenbart: "Papa, ich muss dir ganz leise was sagen. Wenn ich mal groß bin, gehst du mit mir auf einen ganz großen Berg". Und Wonneproppen Fabian, der hat mit dem Nudelwalker schon die Aufgabe von Koch Thomas übernommen. Familienidylle, die nicht einfach ist. Der Papa fehlt im Tal. Harry beginnt zu überlegen.
Eine Eisplatte ist es schließlich, die ihn nun nach zehn Jahren endgültig von der "Priel-Sunnseitn" in den Schatten des Warschenecks wirft. Im Dezember 2016 wirft sie ihn aber erstmal zu Boden. Beim Abstieg von der Dümlerhütte rutscht Höll aus und bricht sich mehrere Halswirbel. "Mit einem brochenen Gnack duast da nimma leicht". Nur wenige Zentimeter fehlen, und es wäre nicht nur auf dem Prielschutzhaus endgültig Schluss mit Harry Höll gewesen.
Harry's neue "liabste Hittn" |
Teurer als Neymar
Harry Höll ist hellhörig. Als Interviewpartner, als Hüttenwirt, als Papa zweier Kinder. Der 42-jährige Obertrauner hat auch die stillen Rufe seiner Familie gehört. Sie haben ihn von der Sonn- auf die Schattenseite geholt. Vom Großen Priel zum Warscheneck. Von der Spitzmauer zur Roten Wand. Weil er dort näher bei ihnen sein kann. Weil der Weg zur Hütte einfacher und kürzer ist. Weil das Leben für die Hölls dort leichter wird.Nach knapp zehn Jahren als Hüttenwirt auf dem Prielschutzhaus ist Schluss. Zehn Jahre, in denen er nicht nur seinen Gästen ans Herz, sondern auch mit der Umgebung verwachsen ist. Mit dem Bloßkogel, dem Bert-Rinesch-Klettersteig, dem Kühkar, der Brotfallscharte, dem Toten Gebirge.
Er wird fehlen, wenn wir uns in Zukunft auf der sonnigen Terrasse niederlassen. Küchenfee Gabi wird uns nicht mehr die Wünsche von den Lippen ablesen. Thomas der sympathischste Koch Ungarns wird sich in der Küche nicht mehr ärgern, wenn Juventus Turin verliert.
Sie alle haben eine wunderbare Gegend in den vergangenen Jahren mit ihrer Anwesenheit noch schöner gemacht. Sie waren herzlich, nicht weil sie mussten, sondern weil sie wollten. Eine große Familie, bei der man sich sofort zugehörig fühlte. Zumindest ein Cousin dritten Grades war man schnell.
Ein Teil des wunderbaren Prielschutzhaus-Teams |
Harry Höll ist einer der besten Hüttenwirte des Landes. Im Fußball müsste man für den Abwehrhünen des Prielschutzhauses eine hohe Ablösesumme bezahlen. Wohl dieselbe Kategorie wie Neymar. Ab Dezember wird er auch die Dümlerhütte hervorragend führen. Und trotzdem weint das eine Auge, während das andere lacht. Weil neben Spitzmauer und Priel auch ein Höll stand. Jetzt verlässt dieser Fels die Stodertaler Brandung. Ein leidenschaftlicher Bergsteiger, der es auch verstand, Geschäfte zu machen. Und er hinterlässt große Fußstapfen.
Bald darf man bei Michael Heinrich am Prielschutzhaus die Füße hochlagern |
Nur ihn werde ich mit Sicherheit nicht als Erstes fragen, wieviele Angestellte er den ganzen Sommer über lang beschäftigt.
DANKE, HARRY!
PRIELSCHUTZHAUS-ABSCHLUSSFEIER: 14. Oktober 2017
DÜMLERHÜTTE- ÖFFNUNGSZEITEN MIT WIRT HARRY HÖLL:
Ab 28. Dezember durchgehend bis Februar, auch über Silvester: www.duemlerhuette.at, duemlerhuette@gmx.at
PRIELSCHUTZHAUS-ÖFFNUNGSZEITEN MIT WIRT MICHAEL HEINRICH:
Ab 23. März 2018 durchgehend bis Ende Oktober
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